Keine Millionen für Kosmetik

Offener Brief an die Vertreter*innen der Stadt Münster und der Parteien im Ausschuss für Stadtplanung, Stadtentwicklung, Verkehr und Wohnen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Münster benötigt dringend Investitionen in die Fahrradinfrastruktur. Längst sind die Kapazitäten der Radwege nicht mehr dem Bedarf angemessen, Unfallschwerpunkte wurden noch nicht flächendeckend entschärft und die Situation des Fahrradparkens ist stadtweit herausfordernd.

Fahrradstraßen sind ohne Frage eine sinnvolle Möglichkeit, die Reisegeschwindkeit, die Sicherheit und den Komfort von Radfahrenden zu erhöhen. Deshalb braucht Münster auch unbedingt ein engmaschiges Netz an Fahrradstraßen in der Stadt.

Die vorliegenden Pläne, Fahrradstraßen flächendeckend rot zu markieren, sehen wir dennoch kritisch, da sie diesen Zielen schaden:

  • In vielen als Fahrradstraßen ausgewiesenen Straßen ist das Fahrrad leider de facto nicht die vorherrschende Verkehrsart und die ausschließliche Veränderung der Farbe des Untergrundes wird dies nicht ändern. Hier sind andere Maßnahmen erforderlich, die auch Kosten verursachen werden.
  • Fahrradstraßen sind in Münster in der Regel für motorisierten Durchgangsverkehr freigegeben und werden oft beidseitig beparkt. Durch das beidseitige Beparken bleibt ein Verkehrsraum über, in dem sich PKW und Fahrräder nicht mit ausreichendem Sicherheitsabstand überholen oder begegnen können. Dies reduziert die Reisegeschwindigkeit und das Sicherheitsempfinden auf diesen Straßen.
  • Fahrradstraßen enden in Münster oft an Knotenpunkten, an denen kein Anschluss an eine weitere Fahrradstraße oder einen gut ausgebauten Radweg gegeben ist. Erst ein engmaschiges Netz aus gut ausbauten Radverkehrsanlagen verbessert die Reisegeschwindigkeit durch die Stadt. Die sachgerechte Verbindung existierender Fahrradstraßen wird ebenfalls Kosten verursachen.
  • Fahrradstraßen sind in Münster in der Regel asphaltiert, wodurch ein geringer Rollwiderstand und ein angenehmes Fahrgefühl auf dem Niveau des Promenadenuntergrundes oder üblicher Straßenqualität grundsätzlich gegeben sind. Diese Straßen, wie in den Varianten 2 und 3 vorgesehen, mit einer Schicht aus roter Farbe zu überziehen, reduziert den Komfort erheblich. Die Auswirkungen des Untergrundes auf die einzusetzende Energie dürfte bei diesen Varianten etwa auf dem Niveau gefastem Pflasters liegen und sollte dringend vor der Umsetzung entsprechender Maßnahmen geprüft werden. Das Umwelt- und Prognose-Institut e.V. hat die Auswirkungen unterschiedlicher Untergründe auf den Energieaufwand und die Reichweite untersucht und kommt zu dem Schluss, dass auf solchem Untergrund der Energiebedarf um 40% erhöht ist und die Reichweite mit demselben Energieaufwand damit auf 50% im Vergleich zu Asphalt in Straßenqualität sinkt. Kopfsteinpflaster auf Fahrradstraßen muss mit Asphalt in Straßenqualität ersetzt werden. Die Varianten ohne Asphalt in Straßenqualität senken Komfort und Reisegeschwindigkeit von Radfahrenden.
  • Auch in den Niederlanden sind Fahrradstraßen nicht flächendeckend rot markiert. Auffällig ist jedoch, dass die Breite nicht durch beidseitig parkende Kfz auf etwas mehr als eine Fahrzeugbreite reduziert wird und auch durch die Beschilderung klar wird, dass motorisierte Verkehrsteilnehmer tatsächlich Gäste sind. In Münster fehlt das Bewusstsein in der Bevökerung, so dass Schilder sogar in Einzelfällen angepasst werden.

Wir empfehlen deshalb, ausschließlich bei einer Erneuerung der Fahrbahn die Farbe des Fahrbahnbelags anzupassen und rollwiderstandsarmen Asphalt in Straßenqualität einzusetzen. Die neu geplanten Fahrradstraßen sollten in jedem Fall geschaffen werden und die geplanten Mittel verwendet werden, um an Knotenpunkten Verkehrssicherheit, Reisegeschwindigkeit und Komfort der Radfahrenden zu verbessern (Beispiel: Verbindung Dahlweg und Hermannstraße über die Hammer Straße). Die geltenden Regeln in Fahrradstraßen müssen durch Informationen, Beschilderung und Kontrollen durchgesetzt werden. Das beidseitige Parken auf Fahrradstraßen muss reduziert werden, wenn man den Intentionen von Fahrradstraßen gerecht werden möchte.

Interessengemeinschaft Fahrradstadt Münster

5 Antworten auf „Keine Millionen für Kosmetik“

  1. Die Aussage, der „Energiebedarf [sei bei rotem Asphalt] um 40% erhöht“ ist nicht richtig.
    Die leider immer noch auf Radwegen verwendeten gefasten Steine sind derartige „Energievernichter“.
    Bei der Einfärbung gehe ich von Feinasphalt aus.

    1. In der Beschlussvorlage ist von drei Varianten der Einfärbung die Rede. Die Version mit gefärbtem Feinasphalt wird dabei nur dann umgesetzt, wenn die Fahrbahndecke sowieso saniert wird. Darüber hinaus steht schon in der Vorlage, dass die Beschaffung von diesem Asphalt kaum wirtschaftlich machbar ist. Damit wird diese Variante in der Realität entweder gar nicht oder nur sehr sehr begrenzt eingesetzt. Allein mit dieser Variante wäre aber eine angemessene Oberflächenqualität gegeben. Die weitaus realistischeren Varianten sind die von roter Farbe bzw farblichem Dünnschichtbelag. Diese weisen sehr wohl einen höheren Rollwiderstand gegenüber normalem Fahrbahnasphalt auf. Beispiele sind die farbliche Einfärbung von Querungen und Kreuzungen. Wenn diese Farbe in dieser Art flächig über ganze Straßenzüge aufgebracht wird, und so ist der Plan der Beschlussvorlage, leidet die Reisegeschwindigkeit und der Komfort erheblich.

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