2025 könnte in Münster einiges im Bereich Verkehrswende passieren und dem Umweltverbund aus Fußverkehr, Radverkehr und Öffis mehr Raum und Komfort gegeben werden – zulasten des privaten Autoverkehrs. Warum das trotz langem Beinahe-Stillstand gut möglich ist:
Oberbürgermeister Markus Lewe hat nichts mehr zu verlieren
Markus Lewe (CDU), der aktuelle Oberbürgermeister von Münster, möchte nicht erneut kandidieren. Während er vor einigen Jahren noch stolz angekündigt hat, dass Münster schon 2030 klimaneutral sein möchte, klingt er zwischenzeitlich ambitionslos. Markus Lewe übernimmt seit 25 Jahren politische Verantwortung in Münster und hat fünf Kinder. Mit dem unaufhörlichen Voranschreiten der Klimakrise wird auch an ihm die Frage nagen, ob er genug getan hat. Er ist lokalpolitischen Parteibuddys auf Sicht nicht mehr verpflichtet und könnte Rückgrat beweisen, indem er die tiefgreifenden Schritte anstößt, die die Klimakrise erfordert. Genug Dokumente, die erklären, was eigentlich nötig wäre, gibt es.
Die Politik will angesichts der Kommunalwahl Kante zeigen
Im Rat der Stadt Münster gibt es eigentlich eine öko-soziale Mehrheit. Der Ratskoalition aus SPD, Grünen und Volt ist angetreten, um die Verkehrswende voranzutreiben. Auch Gruppierungen wie ÖDP und die Linken unterstützten sie in diesem Vorhaben. All diesen Parteien kann die verkehrspolitische Bilanz nicht ausreichen. Ihre tendenziell einer echten Verkehrswende zugeneigten Wähler*innen sehen tagtäglich, dass Münster weder grün noch autoarm ist – und im Gegenteil mehr und mehr Blech die Lebensqualität schmälert. Um so ausgeprägter und weitreichender könnten Vorhaben auf den letzten Metern angestoßen werden.
Die Verwaltung setzt manches bewusst vor der Kommunalwahl um
Wer die verkehrpolitische Entwicklung in Münster aufmerksam beobachtet weiß, dass die Verwaltung auch ein politischer Akteur ist. Zeitpunkte, Art und Weise der Kommunikation und Umsetzungsdetails werden im Sinne eines gut zu vermarktenden Images gesteuert – aber ohne tiefgreifenden Wandel. Es soll eben vor allem so aussehen, als wäre Münster fortschrittlich im Bereich Mobilität. Es ist deshalb gut möglich, dass die ein oder andere kontroverse Maßnahme kurz vor der Kommunalwahl plötzlich umgesetzt wird. Das Ergebnis: Empörung bei Parkplatzbeweinern und Mobilitätsdinosauriern, die sich auf die Wahl auswirkt – mit dem nie offen ausgesprochenen Ziel, nicht zu progressiven Verhältnisse zu haben. Denn ein*e progressive Bürgermeister*in mit passender Ratsmehrheit könnte einige Denkmuster einreißen, was der ein oder andere vermeiden wollen wird. Gleichzeitig könnten langfristig wirkende politische Entscheidungen bis hinter die Kommunalwahl geschoben werden, in der Hoffnung, dass sich dann nicht zu viel verändert. All dies ist um so ärgerlicher für diejenigen innerhalb der Verwaltung, die tatsächlich einen tiefgreifenden Wandel anstoßen wollen – 2025 ist auch ihre Chance, durch Indiskretionen und kleine Rebellionen die Umweltbewegung zu unterstützen.
Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist immer besser organisiert und vernetzt
Münster hat von Klimaentscheid bis Verkehrswendebündnis und in all den Gruppierungen, die jeweils dazu gehören, viele Menschen mit ausgeprägtem Veränderungswillen. Sie sind die Ausgangspunkte, die in wenigen Wochen hunderte Menschen auf die Straßen bringen wie etwa zur Verkehrsminister*innenkonferenz. Immer mehr Menschen sind in der Lage dazu, Kommunikationsmittel wie Signal zu benutzen, vernetzen sich und lernen. B-Side, Umwelthaus und SpecOps sind Orte, die öko-sozialen Wandel und Vernetzung ermöglichen. Der PARK(ing) Day bringt jedes Jahr um die 70 lokale Initiativen zusammen, die Bündnisse schmieden von bürgerlichen bis radikalen Initiativen. Viele haben erkannt, dass wir gemeinsam Spaltungsversuche abwehren müssen.
Alte Versprechen sind gut dokumentiert
War da nicht noch was mit 2025? Ach ja, das Radverkehrskonzept Münster 2025, vor 9 Jahren noch Zukunftsmusik und jetzt ist 2025 plötzlich gekommen und der Radweg vor der Tür immer noch kaputt. Wenn es in Münster an einem keinen Mangel gibt, dann sind das Dokumente, die Zielzustände beschreiben, die nie erreicht werden. Erfreulicherweise sind alte Versprechen gut dokumentiert, so dass Medien und Aktivisti dies thematisieren können – und vielleicht dazu führen, dass mehr darüber geredet wird, was heute noch passiert als was in einem Jahrzehnt vielleicht sein könnte.