Baustellen nerven. Man kann seine gewohnten Wege nicht fahren, wird umgeleitet oder kommt gar nicht mehr durch. Man nimmt es hin, in der Hoffnung nach Beendigung der Baumaßnahmen möge sich die Situation verbessern. Häufig trifft es einen vollkommen unvorbereitet. Das sich diese Situation hoffentlich bald ändert, daran möchte ein Workshop des Tiefbauamts arbeiten. Aber zunächst der Status Quo:
Wenn es irgendwo im Stadtgebiet größere Baustellen gibt, die den Verkehr beeinträchtigen, dann gibt es meistens eine Pressemitteilung der Stadt sowie begleitend die entsprechende Berichterstattung in den Lokalmedien. Hierbei fällt allzu häufig auf, dass mit Phrasen, wie „der fließende Verkehr kann beeinträchtigt werden“, nur der motorisierte Verkehr gemeint ist. Die Information, inwiefern der Radverkehr beeinträchtigt wird, fehlt entweder ganz oder ist mit „Radfahrer und Fußgänger können die Baustelle ungehindert passieren“ angehängt. Als VerkehrsteilnehmerIn mit dem Rad oder zu Fuß bekommt man das Gefühl, dass das eigene ungehinderte Vorankommen in Bezug auf Baustellen keine Priorität hat und man kein „fließender Verkehr“ ist.
Noch deutlicher wird die Situation, wenn es darum geht, wie Rad-, Fuß- und motorisierter Verkehr an Baustellen umgeleitet werden. Das bisherige Vorgehen der Stadt ist meistens: „Fußgänger, geht mit auf dem Radweg!“ oder „Radfahrer, fahrt mit auf dem Gehweg!“ Ein sehr krasses Beispiel ist und war in den letzten Wochen die Hammer Straße. Dort wurde der Radweg „verbreitert“*. Während der motorisierte Verkehr lediglich mit Tempo 30 „eingeschränkt“ wurde, mussten Radfahrende und zu Fuß Gehende sich teilweise 1,40m Radweg teilen. Randnotiz: Die Hammer Straße ist die Haupteinfallsroute von Pendlern aus Richtung Süden, es herrscht ein sehr hohes Rad- und Fußverkehrsaufkommen.
Es wird an solchen Stellen leider immer wieder deutlich, dass an Baustellen lediglich an das möglichst ungehinderte Vorankommen des motorisierten Verkehrs gedacht wird und die Bedürfnise der Menschen mit Rad oder zu Fuß entweder vergessen oder ignoriert werden.
In dieses Bild passt auch die fehlende Kommunikation von Baustellen, die nur den Radverkehr betreffen. Zum Beispiel gab es in den letzten Wochen zwei Baustellen auf der Promenade, von denen (unserer Recherche nach) keine Infos seitens der Stadt oder über die Medien ausgegeben wurden, weder darüber, dass Baumaßnahmen stattfinden, noch welche Einschränkungen zu erwarten sind. Während die oben gezeigte Maßnahme vor dem Schloss noch verhältnismäßig einfach zu umfahren war, sorgte eine andere in der Nähe des Zwingers für weitaus mehr Behinderungen (leider kein Foto vorhanden). Hier wurden die Radfahrenden über die Rindenmulchschicht auf den Gehweg und wieder zurück geleitet. Als „Querungshilfe“ wurde etwas Sand auf dem Mulch verteilt. Dieser verwandelte sich natürlich nach dem ersten Regenguss in eine matschige Rutschpiste. Man stelle sich nur mal vor, eine Straße, die im Schnitt von 9.000 Fahrzeugen (Spitzenwerte von 23.000/Tag) pro Tag befahren wird, bekäme als Baustellenumleitung eine Schicht losen Sand durch den Grünstreifen nebendran.
Aber: Wir wollen ja nicht nur meckern, sondern auch lösungsorientiert an der Sache arbeiten. Denn das Tiefbauamt hat inzwischen von sich aus gemerkt, dass die Kommunikation mit den VerkehrsteilnehmerInnen in Bezug auf Baustellen nicht optimal läuft (für alle Verkehrsträger) und wollen diesen Missstand beheben. Dazu gibt es am 22. Juni einen Workshop, in dem die praxisnahe Optimierung und zielgerichtete Kommunikation von Baustellen in Münster verbessert werden soll. Mit der Methode des Design Thinking sollen interdisziplinär und mit verschiedenen Interessengruppen Lösungsansätze erarbeitet werden. Wir freuen uns, dass die Stadt die Zeichen der Zeit erkennt und diese Möglichkeit des Dialogs schafft, an dessen Ende hoffentlich Erkenntnisse stehen, die uns allen im Straßenverkehr weiterhelfen.
Aufruf!
Wir sind als Fahrradstadt Münster bei diesem Workshop eingeladen und nehmen selbstverständlich daran teil. Wir möchten deshalb an dieser Stelle auch auf eure Erfahrungen (positive wie negative) setzen und Situationen (wie oben beispielhaft gezeigt) sammeln, die entweder gut oder schlecht gelöst sind. Diese möchten wir dann als Argumentationsgrundlage mit in den Workshop nehmen, um an Hand von echten Baustellen die Bedürfnisse von Radfahrenden (und zu Fuß Gehenden) aufzuzeigen.
Schickt uns deshalb gerne Fotos von Baustellen, die euch in letzter Zeit auf euren Wegen aufgefallen sind (am besten mit Ort/Datum/Zeit)
per Mail oder über unsere Social Media Kanäle (Facebook oder Twitter).
*Verbreiterung des Radwegs Hammer Straße:
Wofür Workshops, wenn die meisten Probleme bei Beachtung der Richtlinien nicht existieren würden und die restlichen mit einer Checkliste und Formulierungshilfen für PM getan ist?
Nun, Bürgerbeteiligungsfolklore ist neben Sonntagsreden eine wichtige Säule des hiesigen Radverkehrskonzepts.
Es gibt eine Dissertation zum Thema Radverkehr. In ihr werden u.a. drei grundsätzliche Typen der lokalen Mobilitätspolitik gegenüberstellt (http://oops.uni-oldenburg.de/1147/1/klomit11.pdf)
Der „Typ Oldenburg“ (auf S. 298) beschreibt Münsters Verkehrsplitik nahezu vollständig.
Lesenswert und wenig schmeichelhaft.
Danke für den Hinweis! Das schauen uns gerne mal an.
Zum Thema Bürgerbeteiligung: Wir berichten selbstverständlich von dem Workshop und den Ergebnissen. Wir stehen dem Ganzen auch erstmal positiv gegenüber und gehen die Diskussion ein, die man uns anbietet. Wir kennen unsere Verwaltungen alle gut und wissen um die Probleme, deshalb ist es umso wichtiger, dass wir den Autofahrern das Feld nicht einfach so überlassen. Du liest hier nächste Woche wie es gelaufen ist.
Wir kennen alle unsere Verwaltungen und wir lassen uns erstmal überraschen, wie der Workshop wird. Es gibt so viele Probleme, die eigentlich nicht existieren dürften und trotzdem sind sie da. Umso wichtiger ist es unserer Ansicht nach, dass jemand die Interessen der radfahrenden Bevölkerung vertritt. Uns wurde die Diskussion angeboten und wir nehmen diese erstmal an. Wie der Workshop gelaufen ist und ob es Ergebnisse gibt, liest du dann nächste Woche hier.
Diese Woche gab es mal wieder ein Beispiel für schlechte Baustellenführung. Es wird derzeit die Geiststraße neu geteert. Dafür war zwei Tage ein Teil der Kreuzung zur Hammer Straße gesperrt. Grundsatz kein Problem, wenn alternativen ausgeschildert werden würden. Die Querung von der Sparkasse zum ehemaligen Biomarkt war nur für Radfahrer über die Busspur erlaubt. Für Fußgänger war einfach mal gesperrt. In der Gegenrichtung war für Radfahrer die Querung der Hammer Straße nicht möglich. Es waren keine Umleitungen ausgewiesen und keine Ersatzampeln aufgestellt. Man durfte sich den Web um die Baustelle selber suchen und notgedrungen die Hammer Straße ohne Ampel im Bereich des Autohauses queren. Ich frage mich ernsthaft wer bei der Stadt dieses Baustellen Konzept genehmigt hat. Man sollte ihn feuern.