Vorrang auf der Promenade – eine Rundfahrt mit der Stadtverwaltung

Wenn es um Vorzeigeinfrastruktur für den Radverkehr in Münster geht, wird eigentlich immer die Promenade als der Fahrradhighway als erstes genannt. Zweifelsohne ist unser autofreier grüner Ring um die Altstadt eine der großen Stärken und das Rückgrat des Radverkehrs. Doch mit einem Highway hat die aktuelle Gestaltung mit Stops alle 200-300m, um den Vorrang des Querverkehrs zu beachten, leider wenig zu tun. Vor allem wenn man andere Projekte mit kreuzungsfreiem Vorrang für Radverkehr wie die Nordbahntrasse oder den RS 1 kennt. Zugegeben, die Vergleichbarkeit ist eingeschränkt, nichts desto trotz können und müssen diese Radschnellwege Vorbild für Münster sein. Nicht nur deshalb besteht dringender Nachholbedarf was die Vorrangsregelung angeht. Um konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten waren wir, auf Einladung des ADFC, vergangene Woche zusammen mit unserem Stadtbaurat Herrn Denstorff, Vertretern der Verkehrsplanung und des Ordnungs- und Tiefbauamts bei einem Ortstermin auf der Promenade unterwegs und haben uns die einzelnen Kreuzungen im Detail angeschaut.

Zunächst zu den Fakten: Die Promenade ist die knapp 5km lange Hauptschlagader unseres Radverkehrs in Münster. Jährlich fahren über 4 Millionen Radfahrende um die Innenstadt.

Visualisierung der Zahlen der Zählstation Promenade/Eisenbahnstraße im Jahresverlauf für 2017. Auffällig sind die gut 3,5 fehlenden Monate in denen die Station keine Daten erfasst hat. In den von uns angegebenen 4 Mio. Radfahrenden ist diese fehlende Zeit hochgerechnet inkludiert.

Details zu allen Zahlen, den fehlenden Zeiträumen und Tageshöchst- und Durschschnittswerten könnt ihr in unserem Verkehrszahlen Projekt mit Code for Münster recherchieren.

Visualisierung der Zahlen der Zählstation Promenade/Eisenbahnstraße im Tagesverlauf im Jahr 2017. Vor allem die Bedeutung der Promenade in den Pendlerzeiträumen wird sichtbar.

Trotz fehlender Daten, zählt die Zählstation an der Eisenbahnstraße im Schnitt über 9.000 Radfahrende pro Tag auf der Promenade. Zusätzlich gibt es im Sommer einige Peaks von über 20.000 Radfahrenden. Eine Situation bei der auf jeder normalen Straße mit motorisiertem Verkehr ohne Bedenken schon lange eine Vorrangsregelung eingerichtet worden wäre. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es jedoch nur eine einzige Querung (abgesehen von der Unterführung Mauritzstraße) an der der Radverkehr auf der Promenade Vorrang hat.

Querung vor dem Schloss mit Vorrang für die Promenade (Der Kfz-Verkehr beläuft sich nach ADFC-Informationen auf ca. 50 PKW pro Tag)

Bei der Bereisung mit den Verantwortlichen sollte es deshalb vor allem um eine Bestandsaufnahme gehen. So gibt es für jede Querungssituation eine Vielzahl von Faktoren zu beachten, die jeweils von den entsprechenden Ämtern dargestellt und diskutiert wurden. Im Folgenden fassen wir die Ergebnisse für die einzelnen Querungen zusammen:

Windhorststraße / Königsstraße:
Die verkehrliche Situation sei sehr komplex und mit einer „einfachen“ Umgestaltung des Vorrangs sei es nicht getan. Hier seien größere Planungen unter Bezug des Umfelds nötig. Vor allem die Achse Hauptbahnhof – Innenstadt, vor allem für den Fußverkehr, (Windhorststraße) und die Gestaltung des Ludgerikreisels (Königsstraße) seien hier limitierende Faktoren. Viele unterschiedliche Verkehre (vor allem Busse, es fahren 11 Linien durch die Innenstadt) müssen hier beachtet werden. Beides bedürfe einer umfassenden Planung. Hier ist also kurz- bis mittelfristig keine Veränderung der Situation zu erwarten.

Aegidiistraße:
An dieser Stelle liege ein Unfallschwerpunkt vor. Die häufigsten Unfälle würden dabei zwischen Rad und Rad oder Fuß und Rad passieren, weil viel Verkehr aus verschiedenen Richtungen komme, teilweise mit abschüssiger Strecke und damit entsprechendem Tempo. Diese Situation solle kurz- bis mittelfristig entschärft werden. Angedacht sei ein geradliniger Anschluss der Promenadenteile über das „Mittelstück“ mit verbreiterter Fahrbahn sowie ein Bypass für zügiges und konfliktfreies Rechtsabbiegen aus Richtung Kanonengraben. Kurzfristig (in den nächsten Wochen) solle der Schilderwald auf das Nötigste reduziert werden, sodass weniger Pfosten rumstehen und dadurch ebenfalls das Unfallrisiko minimiert würde.

Hüfferstraße:
Ein seit langem neuralgischer Punkt, den die Verkehrsplanung auf dem Schirm habe und eine Vielzahl von Möglichkeiten in Erwägung ziehen könne. Eine praktikable Lösung sei bis dato noch nicht gefunden. Mögliche Änderungen könnten eine Verkehrsführung über die Badestraße und ein direkterer Anschluss an den Schlossplatz sein. Eine finale Lösung scheint bisher nicht in Sicht.

Münzstraße:
Promenadenvorrang sei auf Grund der Bundesstraße nicht möglich. Kleinere Optimierungen wie unkompliziert freies Rechtsabbiegen seien aber denkbar.

Kreuztor / Neubrückentor / Salzstraße:
An diesen Stellen sei auf Grund der Rahmenbedingungen ein Promenadenvorrang am ehesten realistisch. Die Busbelastung der Stellen sei überschaubar (bzw. an der Salzstraße nicht vorhanden), es gelte Tempo 30 und es liege kein Unfallschwerpunkt vor. An diesen Stellen könne mit verhältnismäßig wenig Mitteln und Aufwand an baulichen Maßnahmen kurzfristig ein Vorrang eingerichtet werden.

Hörster Straße:
Die Ampelschaltung könne optimiert werden. Es sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Zu Pendlerzeiten könne man die Grünphasen für die Promenade verlängern. Nachts sei Grün mit Anforderungskontakt denkbar.

Fazit

Allgemein lässt sich sagen, dass in der Verwaltung angekommen ist, dass es Veränderungen an der aktuellen Situation geben muss um die Promenade für den (zukünftigen) Radverkehr zu rüsten. Offensichtlich sind auch Ideen und der Wille zur Umsetzung in den Ämtern vorhanden, was wir natürlich ausdrücklich begrüßen. Ein entscheidender Punkt, der immer wieder zur Sprache kam, sind die finanziellen Mittel, die jetzt mit 50 Millionen einiges an Maßnahmen möglich machen sollen.

Festzuhalten ist, dass es insgesamt eine konstruktive und offene Diskussion zwischen allen Beteiligten gab und diese auch von allen Seiten gelobt und als wiederholungsbedürftig angesehen wird. Auch wir sehen diese Form von Austausch als durchweg positiv an. Lösungsorientiert mit allen Beteiligten direkt vor Ort die Probleme aufzeigen und diskutieren sensibilisiert untereinander für die verschiedenen Sichtweisen und sorgt für Transparenz.

Wir freuen uns, teil dieses Austausches zu sein und arbeiten gerne auch zukünftig an weiteren Lösungen aktiv mit. Zu den oben genannten Punkten und generell dem Sachverhalt Vorrang auf der Promenade halten wir euch natürlich auf dem Laufenden, wenn es konkret etwas Neues gibt.

5 Antworten auf „Vorrang auf der Promenade – eine Rundfahrt mit der Stadtverwaltung“

  1. Projekte mit kreuzungsfreiem Vorrang für Radverkehr wie [… ] den RS 1

    Das mag so werden auf den Stück auf alten Bahndämmen, aber das ist nur ein Drittel der Strecke vielleicht.

    1. Hi Norbert,
      das ist uns bewusst. Aber die Strecken wo das der Fall ist, sollten Vorbild für Radschnellwege sein. Und wie gesagt: der Vergleich hinkt auch ein bisschen, die Promenade in Münster ist keine Bahnstrecke und nicht vergleichbar mit einer überregionalen Verbindung.

  2. Bislang handelt es sich bei der Promenade um eine Grünanlage, deren Hauptstrang für den Fahrzeugverkehr gesperrt ist. Radverkehr ist nur ausnahmsweise frei gegeben. Es ist kein Radweg ausgewiesen. Die Promenade darf in der gesamten Breite von spielenden Kindern, Fußgängern, Läufern usw. genutzt werden. Eigentlich ist auch keine Vorfahrtregelung durch Verkehrszeichen im Zuge der Promenade erforderlich, da der Radverkehr von einer Sonderfläche in Fahrbahnen einfährt und somit vorfahrtrechtlich untergeordnet ist. Mit einer offiziellen gewollten Zunahme und Förderung des Radverkehrs im Zuge der Promade wird der bisherige Charakter der Promenade tiefgreifend geändert. Ein „Promenieren“ wird nicht mehr möglich sein. Die seitlichen Wege der Promenade sind für größere Mengen von Fußgängern nicht ausreichend dimensioniert. Ein verträgliches Miteinander von Fußgängern und Radfahrern dürfte in Frage zu stellen sein. Auch das sollte die Verwaltung (die Politik) berücksichtigen.

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