Was taugen Münsters Fahrradstraßen?: Heute Frauenstraße und Katthagen

Ein Verkehrszeichen 112 (Warnung vor unebener Fahrbahn) liegt auf Kopfsteinpflaster in nassem Laub.

Zentimeter enges Überholen, Kopfsteinpflaster, entgegenkommende Autos versperren den Weg – Wer denkt bei solchen Begriffen an eine Fahrradstraße? So sieht jedoch die traurige Wahrheit der Frauenstraße/Katthagen mitten in der Münsteraner Innenstadt aus. Allem Anschein nach wurde das rund 400m lange Stück Auto-Einbahnstraße kurzfristig mit Fahrradstraßen-Schildern dekoriert und in beide Richtungen für den Radverkehr freigegeben – schon kann sich die Stadt Münster für ihre Radinfrastruktur auf die Schulter klopfen.

Doch zunächst die drögen Fakten. Von Schlossplatz kommend führt die asphaltierte Frauenstraße zunächst zur Überwasserkirche und dann als schmaler Zweirichtungs-Radweg weiter in Richtung Dom. Dies ist eine wichtige Radverkehrsachse vom Schloss zum Prinzipalmarkt. Von der Überwasserkirche / Wilsbergs Antiquariat führt der gekopfsteinpflasterte Katthagen in Richtung Norden zur Rosenstraße. Hier ist etwas weniger Radverkehr zu beobachten, wahrscheinlich weil Kopfsteinpflaster für Radfahrer das Äquivalent von Splitt auf der Autobahn ist.

Auf dem Bilde treffen die Straße Schlossplatz und Frauenstraße auf einer T-Kreuzung aufeinander. Die Fahrradstraße Frauenstraße ist mit einem Fahrradstraßen Schild ausgeschildert und rechts und links von parkenden Autos gesäumt.
Die Einfahrt in die Frauenstraße aus Richtung Schlossplatz.

Wie überall in Münster ist auch diese Fahrradstraße eine Mogelpackung, da sie ganz regulär für den Autoverkehr freigegeben ist. Immerhin nur als Einbahnstraße in Richtung Schlossplatz, könnte man meinen. Beidseitig parkende Autos, aber auch Fahrradständer engen die Fahrbahn jedoch so stark ein, dass Begegnungsverkehr zwischen Auto und selbst einem einzelnem Fahrrad nicht mehr möglich ist. Missachtet der Autofahrende den Vorrang des Radverkehrs und fährt in die Engstelle ein, sind Radfahrer gezwungen abzusteigen, und müssen, wenn es denn möglich ist, auf dem Gehweg weiterschieben. An diesen Stellen ist auch ein Begegnungsverkehr zwischen zwei nebeneinander fahrenden Radfahrern nicht möglich, da ggf. Sicherheitsabstand zu Autotüren eingehalten werden muss. Welch Komfortgewinn durch die Ausweisung als Fahrradstraße!

Besonders unverständlich ist die bisherige prekäre Lage des Radverkehrs durch abgestellte Autos, wenn der Schlossplatz als großer Stellplatz doch direkt angrenzt. Man darf auf die autofreie Innenstadt hoffen? Auf der anderen Seite ist der Parkbedarf für die Fahrräder von Anwohnern und Kunden der anliegenden Restaurants und kleinen Geschäften noch lange nicht gedeckt – weiterhin werden Räder leider auf den engen Gehwegen abgestellt und ausgewiesene Lastenradparkplätze sind durch reguläre Fahrräder besetzt. Hier könnte leicht Abhilfe geschaffen werden, wenn der Stadtraum einer “Fahrradstraße” nicht weiter zu Gunsten der KfZ aufgeteilt wäre.

Auf der direkten Trasse zwischen Prinzipalmarkt und Schloss ist die Frauenstraße aktuell wohl der gefährlichste, aber nicht der unkomfortabelste Abschnitt. Hier offenbart sich die Schwäche des Münsteraner Radwegenetzes, neuralgische Punkte (z.B. Prinzipalmarkt und Schloss) schnell, bequem und sicher für Radfahrende miteinander zu verbinden. 

Die Fahrradstraße Katthagen mit Kopfsteinpflaster und gesäumt von Autos, die beidseitig parken.
Kopfsteinpflaster auf einer Fahrradstraße…

Was taugen Münsters Fahrradstraßen? Heute: Heisenbergstraße

Die Heisenberg- und Busso-Peus-Straße bilden eine Fahrradstraße zwischen der Corrensstraße und dem Gievenbecker Weg nördlich vom Coesfelder Kreuz. Die mit knapp 570m recht kurze Strecke führt zwischen dem Fachhochschulzentrum (FHZ) und dem Technologiehof entlang und dient hauptsachlich als Zuleitung zu den Universitätsgebäuden am Coesfelder Kreuz aus dem durch Studentenwohnheime geprägten nördlichen Gievenbeck.

Im Osten beginnt die Fahrradstraße an einem Denkmal des Größenwahnes der Münsteraner Autoverkehrsplaner, der dort 5 (!) spurigen Corrensstraße. Für Radfahrende ist natürlich Vorfahrt zu achten. Am westlichen Ende kann man leider nicht nach Süden abbiegen, ohne entweder abzusteigen und über das Straßenbegleitgrün zu laufen, oder eine gesamte Runde im Kreisverkehr zu drehen.

Auch bei der Heisenberg- und Busso-Peus-Straße handelt es sich wieder um eine typische Münsteraner „Fahrradstraße“ als Mogelpackung, da motorisierter Individualverkehr weiterhin freigegeben ist. Dieser nutzt besonders in Jahren mit Präsenzlehre das östliche Stück als Einfahrt für den Parkplatz der Fachhochschule. Auch fahrbahnbegleitende Parkplätze gibt es einige. Automobiler Durchgangsverkehr wird jedoch durch einen Modalfilter zwischen Heisenberg und Busso-Peus-Str verhindert.

Leider wird der Modalfilter in der Mitte der Fahrradstraße von den AutofahrerInnen gerne als Parkplatz genutzt.

Im Sommer 2019 wurde die Heisenbergstraße (ca. 360m) als eine der ersten Fahrradstraßen in Münster nach den neuen Qualitätsstandard für Fahrradstraßen ausgebaut. Die Methode der Fahrbahneinfärbung mit rotem Splitt auf einer frischen Bitumenschicht hinterließ jedoch wochenlang eine dicke Schicht hoch unangenehmen Rollsplitts, wie wir hier dokumentiert haben. Die Unfallgefahr durch den losen Split ist zwar nun gebannt, die raue Oberfläche erzeugt jedoch hohen Rollwiederstand und weißt bereits Schäden an der Einfahrt zum FH-Parkplatz auf. Auch die Stadt ist mit dieser Methode der Fahrbahneinfärbung nicht zufrieden. Die Menge an Falschparkern hat sich seit der Neueinfärbung und schärferen Kontrolle zwar verringert, jedoch war 2020 mit wenigen Hochschulpräsenzveranstaltungen ein schlechtes Jahr, um den langfristen Erfolg der Maßnahmen zu beurteilen. Die Busso-Peus-Straße ist noch nicht ausgebaut und glänzt somit nur durch Schlaglöcher und randliche Falschparker. Die Breite der Fahrgasse bleibt jedoch gewahrt.

Insgesamt bescheinigen wir der Heisenberg- und Busso-Peus-Straße eine angenehm breite Fahrgasse mit unangenehmer Oberfläche.