Flyover – Auf dem Boden bleiben

Jetzt also doch. Die Radfahrerbrücke, das sogenannte Flyover soll kommen.

Die IG Fahrradstadt ist erstaunt darüber, dass das erst Anfang 2020 auf Eis gelegte Projekt aufgetaut werden soll und jetzt Hals über Kopf und schnellstmöglich durch alle Gremien zur Genehmigung gejagt wird.

Was ist der Sinn und was steckt dahinter?

Unserer Meinung nach ist dieses Leuchtturmprojekt ein Signal an der falschen Stelle zum falschen Zeitpunkt.

Wie auf der Bildmontage aus der Verwaltungsvorlage von 2020 ersichtlich, ist der einzige Grund dieses Bauwerks, den MIV ungehindert mitten durch Münster fließen zu lassen. Die Radfahrer von der Aegidiistraße und vom Kanonengraben in Richtung Bismarckallee und umgekehrt sollen den Verkehrsfluss nicht unterbrechen.

Die Straße vor dem Aasee ist jedoch entgegen anders lautenden Behauptungen keine Bundesstraße mehr. Die B54 verläuft über die Torminbrücke, an der seltsamerweise kein Flyover geplant ist und die Pendler dort an der Ampel auf den Bettelknopf drücken und warten müssen – hier fehlt ein schlüssiges Konzept!

Es ist die Manifestierung des Vorrechts des motorisierten Individualverkehrs gegenüber dem Fahrrad in einer sogenannten Fahrradstadt – €10 Millionen für maximal 2000 + 600 Radfahrer auf der Route Bismarckallee hoch zur Promenade bzw. zurück, zum großen Teil Schüler:innen und Student:innen zur Mensa, zur Schule und zu den Unistandorten entlang des Weges bis zur Torminbrücke. Und es ist kein Zufall, Beginn und Ende der Rampe an der Mensa zu setzen.

Nicht, dass Schüler:innen und Student:innen kein Anrecht auf erstklassige Infrastruktur hätten, aber: Die ermittelten restlichen 28.000 Radfahrer an dem Kreuzungspunkt nehmen andere Routen – hierfür müssen ebenfalls kreuzungsfreie, beschleunigte Wege gefunden werden. Ein Großteil will zudem von der Bismarckallee ins Zentrum: mittwochs, freitags und samstags ist Markt auf dem Domplatz.

Genau aus diesen Gründen ist der Flyover nur ein überteuertes Leuchtturmprojekt, welches nur Prestige und die Interessen des Autoverkehrs im Sinn hat.

Was geht

Was gibt es doch wahrlich für andere Möglichkeiten, eine zukunftsorientierte Lösung für den gesamten Abschnitt, der ein wirkliches Leuchtturmprojekt wäre – eine Umgestaltung, die dem Namen Fahrradstadt gerecht würde. Mal abgesehen von dem Gewinn für die Stadt, wenn man kreuzungsfrei von der Innenstadt zum Aasee kommt – z.Z. schaffen es selbst sportliche Fußgänger:innen bei Grün nicht ganz über die Ampel an der Weseler Straße.

Das geht:

  1. Den gesamten Abschnitt ab Scharnhorststraße bis zur Querung Promenade / Am Stadtgraben für den MIV sperren, mit Durchfahrt für Busse, die Ampeln entfernen.
  2. Die Aegidiistraße, die Straße Am Kanonengraben und die Adenauerallee, das Teilstück Am Stadtgraben / Weseler Straße als Fahrradstraße. Damit entsteht mit den bestehenden Fahrradstraßen Annette-Allee und Bismarckallee ein komfortables Netz von Fahrradstraßen im Herzen der Stadt.
  3. Mit intelligenten Einbahnstraßenlösungen in Pluggendorf den Durchgangsverkehr raushalten.

Und sonst noch

Schneeräumung, Eisglätte und Reifglätte als zusätzliche Gefahren inklusive der „Schussfahrten“ in die Bismarck Allee sofern es keine „Drängelgitter“ gibt und zusätzlich noch die Folgekosten.

Lasst uns das Geld sinnvoller ausgeben, als weiterhin den Radverkehr in Münster vor dem MIV zu verstecken.

Nötig wären umfangreiche Investitionen für die dringenden Reparaturarbeiten an der Radinfrastruktur (Weseler Straße, Friedrich-Ebert-Straße, Kolde-Ring und und und) und sicherlich findet sich noch das ein oder andere Projekt, das Leuchtturmcharakter/Signalwirkung hat, dem Radverkehr wirklich was nützt und gerne auch individuellen Profilierungsabsichten dienen kann. Ein paar Vorschläge:

Für 10 Millionen könnte man z.B.

  • 94.420 Fahrradbügel in Edelstahlausführung bauen
  • 2.500 Familienlastenräder kaufen (Bakfiets Cargo Bike Long)
  • 50 Kreuzungsbereiche radfahrgerecht umbauen (siehe 200 Tsd. € Kosten für freilaufenden Rechtsabbieger Hammer Str./Friedrich-Ebert-Str.)

Die Förderquote durch Bund und Land ist übrigens nur aus städtischer Perspektive relevant. Für uns Bürgerinnen und Bürger kommen die Mittel so oder so aus gezahlten Steuern, deshalb sind diese Argumente auch legitim. Auch binden die Umsetzung und der Unterhalt personelle Kapazitäten bei der Stadt, hinzu kommen außerdem jährliche Kosten zum Unterhalt.

Schützen Sie bitte diese historische Grünfläche. Zerstören sie weder Rasen, Stauden noch Gehölze.

Nehmen wir die Stadt Münster beim Wort. Leuchttürme gehören an die Küste. Für eine Stadt, die sich dreht, müssen sich alle auch trauen, dem Kfz Raum weg zu nehmen – und ansonsten auf dem Boden bleiben. Oder auch, wie es die frühere Version der Machbarkeitsstudie formulierte: „Es wird grundsätzlich eine Neustrukturierung dieser Verkehre empfohlen, auf einer Ebene.“

Was taugen Münsters Fahrradstraßen? Heute: die Bismarckallee

Wo simmer denn dran? Aha, heute krieje mer de Fahrradstraße. Also, wat is en Fahrradstraße? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so: En Autobahn, dat is ene lange Straße, da dürfen nur Autos fahn. En Gehweg, dat is ene Weg, da darfste nur zu Fuß gehn. Und wat is en Fahrradstraße? Dat krieje mer später.

In Münster ist die Schillerstraße als erste Fahrradstraße 1990 ausgewiesen worden. Seitdem sind 30 Jahre vergangen, viel Zeit – was ist daraus geworden?

An sich sind Fahrradstraßen eine gute Idee. Punkte die für eine ausgewiesene Fahrradstraße sprechen: die Sicherheit, Kommunikation (darf nebeneinader fahren), kein Autoverkehr und das zügige Vorankommen durch Vorfahrtsberechtigungen.

Allerdings spricht auch einiges gegen die konkrete Ausführung in Münster:

  • Etikettenschwindel (es gibt keine echten Fahrradstraßen in Münster)
  • „Erfindung verträumter Verkehrsplaner, die irgendeinem Verkehrsweg einen Stempel aufdrücken und sich gern dafür feiern lassen“ (Horst Seidenfaden)
  • Gefährdung durch MIV (Durchgangsverkehr)
  • mangelnde Akzeptanz durch Anwohner und Schleichverkehr

In Münster gibt es mittlerweile 15 – 17 Fahrradstraßen, je nachdem, wie man zählt. Es scheint auch keine offizielle Liste aller Fahrradstraßen zu geben – wenn ihr eine Liste findet, sagt uns doch gerne Bescheid.

In der Beschlussvorlage der Stadt Münster vom 15.5.2019 heißt es u.a.:

„Künftig gelten einheitliche, möglichst zügig zu realisierende Qualitätsstandards…“

„Die Breite der Fahrgasse muss künftig mindestens 4,00 m…“

„Soweit Kfz-Verkehr im Rahmen der Straßenverkehrsordnung ausnahmsweise stattfinden darf, werden u.a. „Anlieger frei“-Regelungen i.V.m. baulichen Maßnahmen (z.B. Diagonalsperren) sowie Einbahnstraßenregelungen für den Kfz-Verkehr geprüft, um den Durchgangsverkehr zu unterbinden.“

Auffallend ist, dass das Erscheinungsbild der Fahrradstraßen nicht einheitlich ist. Angefangen von der Oberfläche, teils rot eingefärbt, mit unterschiedlichen Belägen, teils nicht eingefärbt, ja, es gibt sogar Teilstrecken mit Kopfsteinpflaster.

Die Bismarckallee ist jetzt „Fahrradstraße 2.0“ , so die Aussage der Stadt Münster. Wir haben das mal genauer unter die Lupe genommen:

Sicherlich ist die Bismarckallee eins der besseren Beispiele, die das Radfahren in Münster komfortabler macht.

An der Einmündung Weseler Straße ist ein Plakat aufgestellt, dass die Autofahrer, die die STVO nicht kennen, daran erinnern soll, dass die Radfahrer hier absolut Vorrang haben.

Die Oberfläche ist rot eingefärbt (lest hierzu nochmal unseren Beitrag dazu), der Asphalt ist glatt und lässt sich gut befahren. Das absolute Halteverbot ab Körnerstraße wurde anfangs von den Autofahrern ignoriert, nach Ablauf der Schonzeit wurde mit Hilfe des Ordnungsamtes dieses jedoch durchgesetzt und wird weitgehend beachtet.

Leider ist die Bismarckallee für den Durchgangsverkehr freigegeben, hier wäre zumindest eine Sperrung der Straße mit Anlieger frei und gegebenenfalls eine Einbahnstraßenregelung wünschenswert.

Das einheitliche Erscheinungsbild der Fahrradstraßen ist hier nicht ersichtlich, das kurze Stück vor der Erich-Klausener-Realschule fällt schmaler aus (unter 4 m) und unterbricht die breitere davor und dahinter. Dieses kurze Stück ist übrigens die einzige „richtige“ Fahrradstraße Münsters, in der kein Autoverkehr erlaubt ist.

Als Teil der Veloroute nach Senden ist die Anbindung suboptimal. Vom Kanonengraben mit Bettelampel über die 4spurige Weseler oder als Linksabbieger aus der Ägidiistraße (ebenfalls über die Weseler), stadtauswärts an der Torminbrücke ebenfalls mit Bettelampel über den Koldering/Torminbrücke (4spurig). Für die Anbindung an das Radwegenetz ist da noch viel Luft nach oben.

Um die Akzeptanz der Fahrradstraßen und damit Sicherheit zu erreichen, müssen Stadtverwaltung, Ordnungsamt und Polizei beim Ausweisen von Fahrradstraßen diese Maßnahmen mit ausreichender Information unter Einbeziehung der Anwohner begleiten und die Regeleinhaltung konsequent und nachhaltig durchsetzen.

Wir haben uns unter diesen Gesichtspunkten alle Fahrradstraßen in Münster angeschaut, die Details und Bewertungen dazu findet ihr in einem der nächsten Beiträge.

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Was meint ihr, welche Fahrradstraßen in Münster taugen etwas?

Kettenriss und Speichenbruch und passt gut auf euch auf.

Sei kein Blender!

„Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“

Der Bahn Werbespruch aus den 1960ern erinnert uns.

Es wird Winter.

Advent, ein Lichtlein brennt. Hoffentlich auch an unserem Fahrrad.

Eigentlich eine schöne Erfindung, so ein Fahrradlicht. Gesehen und gesehen werden.

Auch wenn die Unfallursachen durch fehlende Beleuchtung im unteren einstelligen Prozentbereich liegen.

Man sollte schon. Licht anmachen.

Die StVO ist da eindeutig:

Während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, sind die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen zu benutzen.

§ 17 Abs. 1 StVO (Auszug)

Und das tun die Münsteraner auch zu 96-98% laut Aussage der Polizei Münster.

Und da hat sich in den letzten Jahres einiges getan. Durchdrehende Seitenläuferdynamos gehören weitestgehend der Vergangenheit an, es gibt keine Dynamopflicht mehr.

Wahrscheinlich größtenteils unbewusst, aber was da manchmal auf uns zu kommt erinnert manchmal eher an Suchscheinwerfer als an ausgewogene Fahrradbeleuchtung.

Wie hieß es in dem Thread „Sei kein Blender“:

Letztens im Fahrradladen:
„Moin, ich brauche…“
„Ja, ich stelle mal Ihr Frontlicht runter. Reifen?“
„Jo“

6. Nov. 2020, 10:53 Uhr – @Leo_Proettel

Nabendynamos und Akkubetriebene leuchten uns den Weg. Mitunter mit über 100 LUX. Der Gegenverkehr sieht alles, wir nichts. Vor allem auf der Promenade.

In StVZO heißt es:

„Der Scheinwerfer muss so eingestellt sein, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht blendet.“

StVZO § 67 (3) Satz 2

und in der 10-Lux-Regelung

„Zudem darf zur Vermeidung von Blendung bei 3,4 Grad oberhalb des hellsten Punktes eine Beleuchtungsstärke von 2 Lux nicht überschritten werden.“

Nehmt euch die zwei Minuten und ran an die Scheinwerfer und Licht einstellen.

So gehts:

Kommt gut durch die Nacht und passt auf euch auf.